DORAS STEINKUNST

Grobe Bearbeitungen

Grobe Bearbeitungen
Die groben Bearbeitungstechniken (z.  B. gespitzt, scharriert, gebeilt) finden und fanden
als historische Steinbearbeitungsmethoden in und außerhalb von Bauwerken Anwendung. Beflammte, sandgestrahlte oder gestockte Steinoberflächen sind
Steinbearbeitungsmethoden der Neuzeit.
Diese Bearbeitungen werden in Außenbereichen der Gebäude eingesetzt;
in Innenbereichen nur in Ausnahmefällen. Früher konnten sich finanzschwächere Gebäudebesitzer die teuren geschliffenen Böden aus Stein nicht leisten,
deshalb finden wir in historischen Gebäuden zum Teil raue Steinoberflächen,
die heute einen erhöhten Reinigungsaufwand erfordern.

Gebosst
Rustikamauerwerk mit groben Bossierhieben und RandschlagBossierte Steinoberflächen
zeigen an ihrer Oberfläche wenige Hiebe des Bossiereisens (größeres Spitzeisen),
die daraus resultieren, dass früher in Steinbrüchen Rohsteine in ihrer äußeren Form mit einem sogenannten Bruchzoll (etwa 3 cm Überstand) gehauen wurden.
Von den gespaltenen Steinflächen wurden die großen Überstände auch mit Bossierhammer (heute Vorschlaghammer) und Setzhammer abbossiert bzw.  abgeschlagen wurden.
Der Begriff Bosse ist mittelhochdeutsch und bedeutet schlagen.
Die Bossierhämmer gab es je nach Einsatzzweck in der Größe eines Fäustels bis zum Großhammer.

Geprellt
Die in der DIN 18322 genannte Oberflächenbearbeitung geprellt zeigt eine Ansicht,
die durch abgesprengte bzw. abgeschlagene Steinaußenkanten entsteht.
Dabei wird das Sprengeisen an der Kante angesetzt
und mit dem Fäustel auf das Werkzeug geschlagen,
dabei werden Steinstücke abgeschlagen, die die Form einer Muschel haben.
Diese Bearbeitung wird zumeist auch als gesprengt bezeichnet.
Geprellt wird entweder bei der Vorarbeit bei der Herstellung manuell hergestellter Steinoberflächen oder wenn eine raue Oberfläche von Mauersteinen gefordert ist .

Gespitzt
Gespitzte Steinoberfläche aus Sandstein
Punktgespitzte Oberfläche aus Beuchaer Granitporphyr, Muster ca. 25 × 15 cmMit dem Zweispitz oder dem vom Fäustel angetriebenen Spitzeisen wird eine raue Steinoberfläche egalisiert. Je nach Anzahl, Verteilung und Tiefe der Hiebe auf der Steinoberfläche wird zwischen grob und fein gespitzt unterschieden, wobei die Grenze zwischen den beiden Bearbeitungsformen nicht genau definiert ist. Spitzen ist ein handwerklicher Bearbeitungsvorgang, in aller Regel als Vorbereitung für einen nachfolgenden Werkzeugeinsatz, wie des Zahneisens, einer Fläche oder eines Stockhammers. Diese Werkzeuge hinterlassen sichtbare punktförmige Vertiefungen in der Oberfläche, sogenannte Spitzhiebe. Nach der Anordnung der Spitzhiebe wird zwischen bahnen- und punktgespitzt unterschieden.

Gekrönelt
Mit dem Krönel wird die vom Steinmetzen zuvor grob gespitzte Oberfläche weiter eingeebnet. Der Krönel führt in einer Reihe angeordnete 10 bis zu 15 spitze Stahlstifte,
die in einem Metallgriff (sog. Flasche) mit einem Keil befestigt sind.
Dieses Werkzeug, das erstmals in der Zeit der Renaissance verwendet wurde,
hinterlässt kleine hohlkehlenförmige Vertiefungen in der Steinoberfläche.
Der handwerkliche Vorteil des Krönelns von Sandsteinen
liegt in der minimierten Prellwirkung (Zertrümmerung) der Bindungsmatrix der Sandkörner,
wie sie beispielsweise beim Einsatz eines Stockhammers entstehen würde.
Bei geprellten Sandsteinoberflächen kann es zu einem schalenförmigem Abwittern
der Oberflächen kommen.
Heute kann eine gekrönelte Steinoberfläche die Endbearbeitung sein;
sie kann aber auch weiter bearbeitet und entweder geschliffen oder scharriert werden.

Gezahnt
Mit dem Zahneisen wird die gespitzte Oberfläche für weitere manuelle Arbeitsschritte,
wie Beilen oder Scharrieren, vorbereitet.
Das Zahneisen wird ausschließlich auf Weichgesteinen
(z.  B. Marmore, Kalk- und Sandsteine)
eingesetzt und mit einem Knüpfel angetrieben.
Die Zähne des Zahneisens hinterlassen je nach Material und Aufwand
Vertiefungen mit der Länge im Zentimeter- und der Tiefe im Millimeterbereich
. Der Vorteil des Zahneiseneinsatzes liegt vor allem darin, dass das sogenannte Bauern,
das Entstehen von unerwünschten Vertiefungen bzw. Löchern in der Steinoberfläche,
bei korrekter Werkzeughaltung weitestgehend vermieden wird.
Das Zahneisen ist ein historisches Steinbearbeitungswerkzeug,
das schon die antiken Steinbildhauer in Griechenland verwendeten.
Erst in der Zeit der Gotik wurde es wieder verwendet.

Gebeilt
Gebeilte Steinoberfläche aus Obernkirchener Sandstein, Muster ca. 25 × 15 cm
Mit einem Steinbeil werden nebeneinander angeordnete Hiebe auf Steinoberflächen ausgeführt. Die Schneidenbreite eines Beils beträgt ca. vier Zentimeter;
die Hiebe hinterlassen Einkerbungen bzw. Rillen im Stein.
Das Steinbeil, das in der Arbeitsschneide ein eingelötetes Hartmetallstück besitzt,
wird heute vornehmlich zur Oberflächenbearbeitung von Grabsteinen verwendet
und erfolgreich auf allen Weichgesteinen,
wie Marmoren, Sand- und Kalksteinen eingesetzt.

Geflächt
Das heute verwendete Steinbeil stammt aus der Romanik.
Es dient zum Einebnen rauer Werksteine, und wird daher Fläche genannt.
Die Fläche hat eine Arbeitsbreite von etwa zehn bis zwölf Zentimetern.
Sie wird heutzutage noch verschiedentlich bei der Bearbeitung
von Kalk- und Sandwerksteinen eingesetzt.
In der Gotik wurde die Schneidenbreite der Fläche auf bis zu drei Zentimeter reduziert.
Damit wurden virtuos komplizierte Profilformen der gotischen Bauwerke „herausgebeilt“.
Karl Friederich nennt dieses Werkzeug in seinem Buch über die Steinbearbeitung Pille
und die entsprechende Oberfläche Pillung.
Gebeilte Oberflächen werden häufig mit scharrierten Oberflächen verwechselt.
Der Unterschied ist daran zu erkennen, dass scharrierte Flächen keine dreiecksförmig vertiefte Kerben sondern Hohlkehlen bzw. Rillen aufweisen.

Scharriert
Scharrierte Steinoberfläche aus Sandstein
Maschinenscharrierte Steinoberfläche aus Obernkirchener Sandstein, Muster ca. 25 × 15 cm
Mit Scharriereisen, die wie breite Meißel aussehen,
werden Werksteine von Steinmetzen endbearbeitet.
Alle vorhergehenden Arbeitsabläufe, wie das Spitzen und Zahnen,müssen beendet sein.
Die Scharriereisen haben unterschiedliche Schneidenbreiten
und werden von Fachleuten als Viertel- oder Halbeisen bezeichnet.
Ab einer Breite von etwa acht Zentimetern wird vom Scharriereisen gesprochen.
Das Scharrieren erfordert eine perfekte Werkzeugführung, die eine lange Übung voraussetzt. Die Hiebe werden parallel angesetzt und müssen mit nahezu identischem Kraftaufwand
unter Zuhilfenahme eines Knüpfels geschlagen werden.
Die Steinmetzen tragen zum Erreichen der Parallelität vorher Hilfslinien auf den Stein auf. Scharrierte Oberflächen gibt es in zwei Ausführungen,
rechtwinkelig in Linien und das sogenannte bunte Scharrieren.
Scharrierhiebe im 60°-Winkel zur Außenkante nennt man gotisch.
Beim bunten Scharrieren werden die parallelen Hiebe quadratisch entsprechend der Schneidenbreite eingesetzt.
Durch Richtungswechsel in den Quadraten entsteht ein schachbrettartiges Muster.
Neuerdings wurden von Steinindustriebetrieben maschinell hergestellte
scharrierte Oberflächen angeboten.
Das Ergebnis dieser Maschinenarbeit ist allerdings optisch unbefriedigend.
Scharrierhiebe können nur optimal ausgeführt werden,
wenn die Steinfläche vorher handwerklich bearbeitet wurde
und so ein rauer Materialüberhang im Millimeterbereich
auf der Fläche abgearbeitet werden kann.
Die Steinmetzen sagen dazu: „Wir brauchen zum Scharrieren Steinmaterial vor dem Eisen“.
Bei durch Steinkreissägen hergestellten Oberflächen
können die Scharrierhiebe nicht entsprechend ausgeführt werden,
weil der raue Materialüberhang fehlt. Steinmetzen sprechen
in diesem Fall beim Scharrieren vom „Aufstelzen“ oder „Stelzen“.
Das Scharriereisen wurde Mitte des 15. Jahrhunderts in Deutschland eingeführt.
Es war damals nur fünf Zentimeter breit. Erst im Barock und Rokoko wurden extrem breite Scharriereisen bis zu 16 cm eingesetzt.
Durch Scharrierhiebe entstehen für den Betrachter,
wenn er entsprechend weit von historischen Bauwerk entfernt war,
der Eindruck glatter Flächen.
Das Scharriereisen erzeugt Hohlkehlen in der Steinoberfläche.
In der Zeit des Barocks erfanden die Steinmetzen Scharrierhiebe,
die bis daumengroße segmentbogenförmige Kehlen bzw. Nuten hinterließen.
Dabei wurden mehrere Hiebe in spezieller Werkzeughaltung ausgeführt.
Sie werden heute als Hamburger Bauhieb bezeichnet.

Frei vom Hieb
Frei vom Hieb bedeutet, dass die Hiebe mit dem Scharriereisen
im Weichgestein richtungslose Werkzeugspuren hinterlassen.
Nach den vorbereitenden manuellen Steinarbeiten, wie z. B. dem Zahnen, ist beabsichtigt,
eine weitestgehend plane Fläche mit geringer Ebenheitstoleranz herzustellen.
Das Scharriereisen mit planem Schneidenanschliff glättet lediglich Steinüberstände.
In diesem Arbeitsgang werden alle vorherigen Bearbeitungsspuren beseitigt.
Es entstehen richtungslose Kerben in der Steinoberfläche;
die Steinoberfläche wird eben mit geringen Toleranzen unter einem Millimeter,
wobei sie laufend mit einem Richtscheit kontrolliert wird.
Die Steinoberfläche, die frei vom Hieb ist, kann, sofern das beabsichtigt ist,
anschließend optimal scharriert werden.

Gestockt
Gestockte Steinoberfläche aus Beuchaer Granitporphyr, Muster ca. 25 × 15 cmStocken von Steinoberflächen war ursprünglich eine klassische handwerkliche Flächenbearbeitung nur für Hartgesteine (z. B. Granite, Syenite, Granodiorite),
die in manuellen Arbeitsabläufen vom Groben zum Feinen vor dem Schleifen und Polieren mit Steinschleifmaschinen in Form gebracht wurden.
Dabei werden mit einem Stockhammer, dessen Arbeitsfläche wie die eines Küchen-Fleischklopfers mit pyramidenförmigen Zähnen aussieht,
unterschiedlich raue Steinoberflächen erzeugt.
Unterschiede in der Rauigkeit werden durch die Größe der Zähne
und damit dem Abstand der Zahnreihen zueinander bestimmt:
Grob gestockt: Zahngrößen 10 bis 12 mm
Mittelgestockt: Zahngrößen 6 bis 7 mm
Feingestockt: Zahngrößen 4 bis 5 mm
Fein und schleifgerecht gestockt: Zahngröße 4 mm
Feinstgestockt: Zahngröße 3 mm
Gestockte Oberflächen glänzen nicht; sie sind rau und matt.
Neben einer visuellen Oberflächengestaltung können steinerne Außenbeläge durch Stocken rutschsicher aus- oder nachgerüstet werden.
Stockhammereinsatz bei Marmoren und Sandsteinen ist unter Fachleuten verpönt.

 

 

 
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